Kreisgebietsreform: Der Kampf geht weiter!

Eine Schlacht ist verloren, der Krieg aber nicht. Die Kreisgebietsreform, jüngst im Landtag von „Schwarz-Rot“ durchgedrückt, hat – wie nicht anders zu erwarten – ein juristisches Nachspiel. Das Landesverfassungsgericht werden in nächster Zeit einige Klagen von Kommunen und Kreisen erreichen.
 
Die NPD-Fraktion entwickelte ein eigenes Modell, das auf eine Stärkung der (Noch-) Kreisstädte hinausläuft (siehe unten) und das sie jüngst im Landtag noch einmal vorgestellt hat. Die Regierenden hingegen reden einer bloßen Verschmelzung von Landkreisen das Wort. Resultate sind XXL-Gebilde, die in fast allen Fällen an Größe locker das Saarland (immerhin ein Bundesland!, Fläche: 2.568 km²) übertreffen:
 
Südwestmecklenburg                           4.750 km²
(Parchim als Verwaltungssitz sowie bisheriger Landkreis Ludwigslust)
Mittleres Mecklenburg                          3.421 km²
(Güstrow als Verwaltungssitz sowie Bad Doberan)
Mecklenburgische Seenplatte                5.469 km²
(Neubrandenburg als Verwaltungssitz plus Demmin, Strelitz und Müritzkreis)
Nordvorpommern                                3.188 km²
(Stralsund  als Verwaltungssitz sowie Rügen und derzeitiges Nordvorpommern)
Südvorpommern                                 3.928 km²
(Greifswald als Verwaltungssitz sowie Uecker-Randow und Ostvorpommern)
Nordwestmecklenburg                         2.117 km²
(Wismar als Verwaltungssitz sowie bisheriges Nordwestmecklenburg)
 
Prinzip Hoffnung beim Bad Doberaner Vize-Landrat
 
In den Wochen und Monaten vor dem Beschluß des Landtages hatte es zwischen den Verwaltungssitzen (wie sie seit der ersten Gebietsreform 1994 bestehen) ein zum Teil wüstes Hauen und Stechen gegeben.

Jetzt wollen einige Kommunen und Landkreise, so Rügen, Wismar als ehemals kreisfreie Stadt, aber auch Müritz und Ludwigslust den Klageweg beschreiten. Unterstützung erfahren sie dabei vom Juristen Professor Wolfgang Ewer, der die Reform kürzlich einer vernichtenden Kritik unterzog. So werde es angesichts der Mammutgrößen der Neukreise künftig noch schwerer, für Kreistage und Ausschüsse Handwerker, Landwirte und sonstige Selbständige zu gewinnen (wir berichteten hier). Andere verfahren nach dem Prinzip „Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt“. So sieht der Vize-Landrat des Noch-Landkreises Bad Doberan, Dr. Wolfgang Kraatz, die Hauptaufgabe der Kreisverwaltung darin, „das Bestmögliche für uns herauszuholen.“ Bad Doberan und Güstrow werden nach den Plänen der Landesregierung zum Großkreis Mittleres Mecklenburg (mit Güstrow als Verwaltungssitz) verschmolzen.
 
Kraatz wagt die Prognose, daß es „raummäßig zwei Standorte auf lange, lange Sicht“ geben werde. In Güstrow würden keine Räumlichkeiten existieren, die das gesamte Personal der beiden derzeit noch eigenständigen Landkreise beherbergen könnten. Nur: Werden die Mitarbeiter der beiden Verwaltungen im derzeitigen Umfang mittelfristig überhaupt noch gebraucht?
 
NPD mit „Plan B“ in der Hinterhand
 
Da Klagen wegen der Kreisgebietsreform schon seit Monaten absehbar waren, hatte die NPD-Landtagsfraktion zur Landtagssitzung im Juli einen Antrag eingebracht. Die Zeit des Verfahrens vor dem Landesverfassungsgericht, so der Grundtenor der nationalen Initiative, „kann die Landesregierung nutzen, um sich ernsthaft mit den vorgeschlagenen Alternativen zu beschäftigen, was bisher unterblieben ist.“
 
Zu den Alternativen zählt die Reduzierung der Landkreise auf ein verfassungsrechtlich zulässiges Mindestmaß zugunsten der noch bestehenden Kreisstädte – bei diesem Modell, das die NPD der Enquete-Kommission des Landtages bereits im Februar 2008 vorlegte, würden erhebliche Teile der Landkreisverwaltungen den Behörden der Kreisstädte angegliedert werden. Diese erledigten dann die bisherigen Landkreisaufgaben mit, so zum Beispiel Bauamt, Umweltbehörde, Führerscheinstelle.
 
Die Wege zu den Verwaltungssitzen blieben für die Bürger die gleichen; die Behördenmitarbeiter würden lediglich den Dienstherren wechseln. Die „umlandbetreuende Stadt“ wäre geschaffen, das Motto „Bürgernähe statt Monsterkreise“ mit Leben erfüllt.
zurück | drucken Erstellt am Freitag, 23. Juli 2010