Parchim oder Lulu? Parchim und Lulu!

Nur noch wenige Tage, dann wird im Landtag eine Entscheidung über das Gesetz zur Kreisgebietsreform fallen. Für uns Gelegenheit, noch einmal das nationale Gegenmodell zu erläutern.
 
Zur Erinnerung: Die rot-schwarze Landesregierung plant, die derzeitigen zwölf Landkreise zu sechs XXL-Gebilden zu verschmelzen. An Größe werden sie das Saarland problemlos übertrumpfen. Kreisfrei bleiben nur Schwerin und Rostock.
 
Entsprechend intensiv wird der Kampf zwischen den jetzigen und eventuell Noch-Kreissitzen geführt. Jeder preist, und das ist in dieser Situation sicher nichts Ungewöhnliches, seine Vorzüge an.

Wer dieser Tage in den Vormittagsstunden das Schweriner Schloß aufsucht, wird unmittelbar vor dem Eingang stets von Abordnungen aus den Landkreisen Ludwigslust und Parchim angesprochen. Heute fanden sich Vertreter des Heimatbundes Parchim e. V. ein, um Flugblätter zu verteilen. In ihnen werden aus historischer Warte die Vorzüge der Kommune betont: Die Stadt, so heißt es, „hatte nach Rostock den größten Landbesitz und die meisten industriellen Ansiedlungen in Mecklenburg“ und „war mehrmals der Sitz der höchsten Gerichtsbarkeit Mecklenburgs.“ Das Industrie-Argument machen sich übrigens die Ludwigslust-Befürworter zunutze: Parchim sei durch seine Wirtschaftsansiedlungen ohnehin im Vorteil, den LWL durch den Status als Verwaltungssitz des zu bildenden Großkreises ausgleichen müsse. Den Parchimer Verwaltungs-Mitarbeitern sei durchaus zumutbar, nach Lulu zu pendeln. Unterstützung erfährt Ludwigslust durch den einstigen Rivalen Hagenow, dem man bei der ersten Kreisgebietsreform 1994 gewaltig die Hacken zeigte.
 
Aufeinanderhetzen von Nachbarn
 
Beim Altstadt- und Schützenfest in Hagenow wurden binnen zwei Tagen 1400 Unterschriften „pro Lulu“ gesammelt. Doch wo wird sich der neue Kreissitz befinden? Mitte Juni zitierten Medien aus einem Entwurf des Landtagsinnenausschusses, wonach Parchim als Sieger durchs Ziel laufen würde. Nunmehr fand sich im Ludwigsluster Tageblatt die Meldung über eine Landtagsdrucksache mit einem Gruppenantrag von Abgeordneten von Linken, SPD und CDU. Kreissitz von Südwestmecklenburg würde demnach Ludwigslust.  
 
Im Endeffekt tritt jetzt genau das ein, wovor die NPD beizeiten gewarnt hat: Die Pläne zur Kreisgebietsreform sind dazu angetan, Städte, die bislang schiedlich friedlich nebeneinander lebten, aufeinander zu hetzen.
 
NPD-Vorschlag: Die „umlandbetreuende Stadt“
 
Bei diesem Modell, das die NPD schon im Februar 2008 vorlegte, würden erhebliche Teile der Landkreisverwaltungen eine Angliederung an die Behörden der Kreisstädte erfahren. Diese erledigten dann die bisherigen Landkreisaufgaben mit, zum Beispiel Bauamt, Umweltbehörde, Führerscheinstelle.
 
Die Wege zu den Sitzen von Verwaltungen blieben für die Bürger die gleichen; die Behördenmitarbeiter würden nur den Dienstherren wechseln. Die „umlandbetreuende Stadt“ wäre geschaffen. Der derzeit schier unerträgliche Kampf zwischen Kreisstädten, die bislang gutnachbarschaftlich zusammenlebten, wäre beendet.
 
Nationaler Vorstoß in der kommenden Landtagssitzung
 
Für die Landtagssitzung am 7. Juli ließ die NPD einen entsprechenden Antrag auf die Tagesordnung setzen. Sein Titel: „Erarbeitung von Alternativen zur Kreisgebietsreform für den Fall einer weiteren Niederlage vor dem Landesverfassungsgericht“. Dem Vorstoß liegt die Überlegung zugrunde, daß in den zurückliegenden Wochen gegen die Reform bereits zahlreiche Klagen angekündigt worden sind. Absehbar ist damit ein neuerliches Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht. „Die Zeit des Verfahrens“, so der Grundtenor der NPD-Initiative, „kann die Landesregierung nutzen, um sich ernsthaft mit den vorgeschlagenen Alternativen zu beschäftigen, was bisher unterblieben ist.“ Zu den Alternativen gehört neben dem Verbandsmodell die Reduzierung der Landkreise auf das verfassungsrechtlich zulässige Mindestmaß zugunsten der jetzigen Kreisstädte – also jenes Modell, das eben kurz skizziert worden ist – gegossen in eine griffige Formel, heißt es: „Bürgernähe statt Großkreise“.
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 01. Juli 2010