Augenwischerei mit Arbeitslosen-Statistik

Die Arbeitslosenzahl in M/V rutschte unter die 100.000er-Marke. So die offiziellen Meldungen. Doch gibt es ja noch die Nachricht hinter der Nachricht.
 
Auf 11,6 Prozent beläuft sich die derzeitige Arbeitslosenquote in Mecklenburg und Vorpommern. Darüber informierte heute die Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit in einer Pressemitteilung. Jürgen Goecke, Leiter der Regionaldirektion, machte neben saisonalen und konjunkturellen Effekten auch den demographische Faktor geltend – in deutsche Worte gekleidet, heißt das: die Bevölkerung schrumpft durch anhaltende Abwanderung und eine geringe, zu geringe Zahl von Geburten. 
 
Über die Statistiken zu Erwerbslosen werden seit Jahren heftige Debatten geführt. Fest steht, daß die reellen Zahlen die offiziell bekanntgegebenen übersteigen. Nicht mit eingerechnet werden beispielsweise Personen, die sich in Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung befinden, um einst erworbenes Wissen zu aktualisieren oder die sich auf die Schulbank setzen, um einen neuen Beruf zu erlernen. Dasselbe betrifft Teilnehmer an so genannten Trainingsmaßnahmen, in denen vornehmlich Inhalte wie das Formulieren von Bewerbungsschreiben, der Umgang mit dem weltweiten Netz zur Stellensuche oder ausgewählte Informationen über die Sozialgesetzbücher im Vordergrund stehen. Und was ist mit Menschen, die sich in Altersteilzeit befinden? Oder mit jenen, die aufgrund derzeitiger Regelungen keinerlei behördliche Zuwendungen erhalten, weil der Partner/die Partnerin ein zu hohes Einkommen haben, als daß Ansprüche geltend gemacht werden könnten?  Aus der Statistik fallen auch jene, die Angehörige pflegen – sie erhalten zwar weiter Hartz IV, gelten aber nicht als arbeitslos. Ganz schnell wären wir somit bei einer Gesamtzahl Betroffener, welche die 100.000er Marke problemlos überspringt und die sich um die 120.000 bewegen dürfte. . 
 
Vergleich mit untergegangener DDR hinkt nicht mehr
 
Die NPD-Fraktion hat unter dem Titel „Der Öffentlichkeit wirklichkeitsgetreue Arbeitslosenstatistiken vorlegen“ zum Thema bereits im April vor zwei Jahren einen Antrag eingebracht (Drucksache 5/1400). Mittlerweile wurde von unseren Oberstatistikern eine Änderung der Zählweise eingeführt – natürlich auch in diesem Fall nicht zugunsten eines getreuen Abbildes der Realität: Arbeitssuchende, die ein privater Vermittler betreut, werden unabhängig vom Erfolg bei der Jobsuche gleichfalls nicht mehr als „arbeitslos“ erfaßt. Der Faden läßt sich noch weiter spinnen: Die Zahl jener, die in Ein-Euro-Jobs vermittelt wurden, bewegt sich im Nordosten der BRD pro Jahr zwischen 50.000 und 55.000 Personen. Hinzu gesellen sich jene, die zwar mindestens 15 Wochenstunden (meist weit darüber hinaus) tätig sind, von ihrem Lohn aber aus eigener Kraft nicht über die Runden kommen können. Für sie hat sich der Begriff „Aufstocker“, also erwerbsfähige Hilfebedürftige, eingebürgert. Laut DPA (Deutsche Presse-Agentur) vom 23. Januar 2009 ist die Zahl der Betroffenen von 2006 bis 2008 in Mecklenburg-Vorpommern um 9.420 auf 52.854 gestiegen, ein Plus von knapp 22 Prozent. Mittlerweile beträgt die Zahl der Aufstocker 55.000, darunter allein 7.300 Rostocker, die über kein auskömmliches Einkommen verfügen. Nicht zu vergessen: Rund 75.000 Menschen aus M/V pendeln Jahr für Jahr in andere Bundesländer, um so der Erwerbslosigkeit im Heimatkreis zu entgehen.

Fakt ist: Die Bundesrepublik Deutschland braucht mittlerweile einen Vergleich mit der DDR nicht mehr zu scheuen: Auch deren Verantwortliche redeten sich die Welt schön, um dann vom Volk ganz entschlossen abgewickelt zu werden.
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 30. Juni 2010