Gegen drei mutmaßliche Gewalttäter findet morgen, am 27. September 2007 ein Strafprozeß statt. Die angeklagten Gartenbauer behüten nicht nur Pflanzen, sondern sehen sich auch verpflichtet, ihr Demokratieverständnis zu hegen und pflegen.
Als letztes Jahr zwei Tage vor der Wahl NPD-Kandidat Raimund Borrmann, der inzwischen NPD-Abgeordneter im Landtag ist, am Friedrich-Engels-Platz in Waren (Müritz) in unmittelbarer Nähe einer Schule Wahlmaterial verteilte, zog er sich den Zorn der drei selbsternannten Verfassungsschützer zu. Kaum nahmen sie seine Wahlkampfaktivität wahr, setzt auch schon eine aggressiv-kämpferische Bedrohung gegen den einen (!) Mann ein. Dieser kommt seelenruhig und ohne sich provozieren zu lassen, seinem Wahlkampfauftrag nach, potentielle Wähler über die Ziele seiner Partei zu informieren. Neben dem NPD-Aktionsprogramm, Flugblättern und Bonbons sind auch die bei Schülern beliebten "Schulhof-CDs" in seiner Material-Kiste verstaut.
Grund genug, ihn zu bedrohen: "Mach das Du abhaust, sonst drücke ich Dir die Brille ein!", wettert ein großer Blonder. "Ich belästige hier niemanden, sondern nutze nur den öffentlichen Raum zum Verteilen von Wahlmaterial für die Landtagswahl.", entgegnet Borrmann – Die Antwort kommt prompt: "Dieser ganze Dreck gehört in die Tonne" – "Haben Sie sich schon einmal die CD angehört?", fragt Borrmann ohne sich einschüchtern zu lassen. "Das habe ich nicht nötig!", brüllt der Bauarbeiter aggressiv zurück. "Diesen Mist werde ich mir nie anhören!"
Als Borrmann unbeirrt von dem Drohenden weitergeht und auf einen Schüler trifft, der interessiert die Hand nach der begehrten CD ausstreckt, ist der "Feierabend-Verfassungsschützer" nicht etwa bei der Gartenbauarbeit. "Wehe, Du nimmst die CD! Du weißt, was dann passiert…!", droht er dem Schüler, und an Borrmann gerichtet: "Und wehe Du gibst einem Schüler die CD – dann schlage ich Dir den Schädel ein!" Als die so Bedrohten erschrocken von ihrem Tun ablassen, höhnt der "Inoffiziell-Mitarbeitende-Verfassungschützer": "Siehst Du, daß ist Zivilcourage!" Doch die erstreckt sich nicht nur in verbaler Drohung.
Wenige Minuten später entreißen die drei Landschaftspfleger dem Wahlwerber gewaltsam die Kiste und vernichten CD’s, Aktionsprogramm, Flugblätter und natürlich auch Bonbons. Auch ein Döner-Mann pakistanischer Herkunft wird um Hilfe gebeten, mit dem Argument, das ein Ausländer nur dann einen gesicherten Aufenthalt in Deutschland erhalte, wenn er gegen jene politischen Parteien einschreite, die Völkerwanderung ablehnen. Er unterstützt die Gartenbauer bei der Vernichtung des Materials und stellt eine Mülltonne zur Verfügung, aus der die Polizei später Beweismaterial sichert.
Inzwischen ist über ein Jahr vergangen – lange ruhte der See. Ganz undenkbar, wenn statt einem NPD-Mitglied einem SPD-Wahlkämpfer so etwas passiert wäre: landauf, landab wären die Zeitungen mit Vorverurteilungen voll gewesen. Der Generalbundesanwalt hätte sich eingeschaltet, Hubschrauberflüge nach Karlsruhe inklusive – und natürlich in Handschellen gefesselte Tatverdächtige. Was für eine Gelegenheit auch gleich ein NPD-Partei-Verbotsverfahren zu initiieren. Die hätten sich Kurt Beck und Genossin Bretschneider keinesfalls entgehen lassen.
Wir stellen fest: Die etablierte Politik rief dazu auf "Zivilcourage" gegen die NPD zu zeigen. Doch wenn der Intellekt von "Couragierten" nicht ausreicht, zwischen politischem Kampfgeschrei untergehender Parteien und Strafgesetzen zu unterscheiden, dann gilt der alte Spruch: Dummheit schützt vor Strafe nicht!
Etablierte Politiker versuchen seit Wochen durch öffentlichen Druck auf die Urteilsfindung Einfluß zu nehmen. Erst gestern sprach sich Staatssekretär Thomas Lenz (CDU) dafür aus, Gerichte sollten beim Thema Rechtsextremismus "sensibler" sein. Dennoch hoffen wir morgen auf ein gerechtes und kein politisches Urteil.
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Erstellt am Mittwoch, 26. September 2007