Da schlägt schonmal das Vaterherz

Ein 18jähriger Auszubildender wurde kürzlich nachweislich zu Unrecht Opfer einer Polizeiaktion.

Herr Orleshausen*, Ihr Sohn wurde kürzlich Opfer einer Polizeiaktion? Was geschah in jener Nacht genau?

Mein Sohn ging gegen 0.30 Uhr mit unserem Hund nach draußen. Der Junge konnte nicht einschlafen, so daß ich ihm riet, mit unserem Vierbeiner noch ein wenig spazieren zu gehen. Nach etwa 200 Metern hörte er hinter sich Schritte. Ein paar Polizeibeamte warfen sich auf ihn, rissen ihn zu Boden. Sie brüllten ihn an. Der Hund riß sich los und war zunächst nicht aufzufinden. Mein Sohn erklärte, gleich um die Ecke zu wohnen. Die Polizisten begleiteten ihn; seine Angabe stimmte logischerweise.

Da waren Sie bestimmt erboßt, oder?

Ja, ich bin fast ausgerastet, habe den Beamten gesagt, was ich von ihrer Aktion halte, einen völlig Unbeteiligten so zu behandeln.

Unbeteiligt? Sie wohnen in der Innenstadt, die ja seit dem 2. Juni aufgrund linksautonomer Krawallmacher nicht so recht zur Ruhe kommt. War denn in jener Nacht wieder was los?

Nein, Randale waren in dieser Nacht nicht. Nur hatten irgendwelche Holzköpfe Autos geknackt. Und mein Sohn befand sich wohl in der Nähe der Tatorte.

Was haben die Polizisten Ihnen denn geantwortet?

Einer sagte, der Junge sei zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Sie alle haben den Vorfall aber sofort bedauert, haben gesagt, es tue ihnen leid.

Machten die Beamten einen genervten Eindruck?

Ja, sichtlich. Sie erzählten, daß sie wegen der vermummten Brüder und der von ihnen ausgehenden Randale kaum noch zur Ruhe kommen.

Können Sie das nachvollziehen?

Ja, durchaus. Bitter nur, daß es einen Unbeteiligten erwischt hat. Außerdem schlägt da nun mal das Vaterherz.

Trug Ihr Junge denn dunkle Kleidung, möglichst noch mit Kapuze?

Nein, helle Kleidung; er war unvermummt und hatte den Hund dabei – das machte ihn meineserachtens völlig unverdächtig. Aber wie gesagt, die Polizisten sind genervt, warum soll ich denen das nicht glauben.

Wir empfinden, wenngleich wir Außenstehende sind, die ganze Geschichte natürlich auch als tragisch. Doch scheint uns das Ganze ein direkter Ausfluß der "von oben" schon vor dem G-8-Gipfel ausgegebenen "Deeskalations-Strategie" zu sein. Die Beamten vor Ort machten und machen in bestimmten Situationen einen verunsicherten Eindruck, da ihnen ab einem bestimmten Grad die Hände gebunden sind. Böse Zungen sprechen sogar von "Verheizen".

Wenn Sie das so sagen. Irgendwo habe ich diesen Eindruck aber auch, wenngleich ich gegen friedliche Demonstrationen, egal von welcher Seite, in keiner Weise etwas habe. Das ist ein vom Grundgesetz her doch verbürgtes Recht.

* Name von der Schriftleitung geändert. Die Geschichte trug sich in Rostock zu.
zurück | drucken Erstellt am Freitag, 29. Juni 2007