Vorgeblich schuldenfrei ist die Stadt Dresden seit dem Verkauf von 48 000 Wohnungen an einen US-amerikanischen „Investor“ namens „Fortress“, auf Deutsch „Festung“. 982 Mio. Euro sollen in das leere Stadtsäckel fließen, nachdem 40 von 69 Stadtverordneten dem Verkauf zugestimmt hatten.
Nun erwägt auch die Rostocker Gesellschaft für Stadterneuerung (RGS) den „Paketverkauf“ eines Teils ihres Bestandes. Bis Anfang Mai noch werden Bietergesuche angenommen. Betroffen sind vornehmlich Mieterinnen und Mieter in der Östlichen Altstadt und in Toitenwinkel.
Was verbirgt sich eigentlich hinter dem von vielen als „Wohnungs-Roulette“ bezeichneten Verkauf kommunalen Wohneigentums? Gut, da wäre als erstes die beträchtliche Verschuldung der meisten bundesdeutschen Kommunen zu nennen. Welche Ziele aber verfolgen die meist aus dem anglo-amerikanischen Raum stammenden Käufer? Steckt gar Barmherzigkeit mit dem finanziell am Boden liegenden Vasallen BRD als Ausgleich für jahrzehntelange treue Dienste dahinter? Mitnichten!
An erster Stelle steht die Erwirtschaftung von Renditen meist im zweistelligen Bereich. In Dresden und anderswo (Verkauf von 350 000 Wohnungen in den letzten fünf Jahren bundesweit) erschlichen sich die „Investoren“ über „Sozialchartas“ das Vertrauen: Verbot von Luxussanierungen, fünf- oder gar zehnjähriger Kündigungsschutz. Tatsächlich aber dreht sich alles um börsennotierten Handel. Sobald aber die Eigentumsrechte über Aktien frei handelbar sind, können die einst kommunalen Gesellschaften das Objekt einer Übernahme werden. Der neue Besitzer wird sich um vom ersten Käufer gemachte Versprechungen kaum scheren.
Kurzfristige Renditen – darum geht’s! Die Käufe sind also nicht langfristig angelegt. Der Wert der Immobilien wird alles andere als gesteigert. Kapital (= Mieteinnahmen), das bislang für Instandhaltungsmaßnahmen zurückgelegt wurde, wird für die Befriedigung von Renditeansprüchen der Anleger verwendet. Ein zweiter oder gar dritter Erwerber strebt gleichfalls eine rasche Verzinsung an – Geld für notwendige Sanierungsmaßnahmen fehlt so zwangsläufig. Ständiger Weiterverkauf bei stagnierenden Investitionen führt eine Qualitätsminderung von Häusern und Wohnungen herbei.
Und: Wer kommunales Tafelsilber infolge zu kurz gefaßten Denkens verscherbelt, entzieht sich selbst den Spielraum für künftiges Handeln. In diesem Fall ist es die Kontrolle über städtebaulich-soziale Entwicklungen.
„Die Zeit“ (Hamburg) bemerkt in ihrer Ausgabe vom 05. 01. 2006: „Für die Finanzinvestoren ist jeder Kauf fast ein Geschäft ohne Risiko: Für eine Immobilienfirma zum Preis von beispielsweise einer Milliarde Euro zahlt der Investor nur 30 Prozent aus dem Fonds (gespeist von Privatleuten, Pensionskassen, Versicherungen), für die restlichen 700 Millionen Euro nimmt er Kredite auf. Diese werden aus den Mieteinnahmen getilgt. Solange die Rendite aus den Mieteinnahmen höher ist als die Kreditzinsen, so wie derzeit, streicht der Investor hier bereits einen kleinen Gewinn ein. Gesteigert wird der Profit durch die Aufteilung und den Weiterverkauf von Wohnungen an die Mieter. Am Ende der Fondslaufzeit verkauft der Investor die Restbestände und streicht den gesamten Kaufpreis ein. Bezahlt hat er nur 30 Prozent, kassiert aber 100 Prozent. Und der Staat bekommt keinen Cent Steuer, da der Investor von Anfang an in der Kreide stand.“
Die PDS, vorgeblicher Interessenvertreter bzw. Anwalt der sozial Schwachen, geriet wegen des Wohnungsverkauf ebenfalls in die Schlagzeilen. Neun von 17 ihrer Dresdener Stadträte stimmten für’s Verscherbeln. Allen voran Frau Christine Ostrowski, die pikanterweise für die Sachsen-Treuhand tätig ist. Deren Mutter-Gesellschaft, die Berlin-Brandenburger Treuhand, profitiert als Beraterin von „Fortress“ direkt vom Verkauf.
Erneut zeigt sich, wie prima die PDS mittlerweile in der Bundesrepublik angekommen ist, wobei böse Zungen behaupten, daß global agierende Kapitalisten und internationalistische Sozialisten vom selben „Vater“ gezeugt worden sind – der Liberalismus mit seinem Spiel der freien Kräfte, aus dem angeblich eine harmonische Wunderwelt entstehen soll, steht für das Niederreißen von Grenzen, die Degradierung von allem und jedem zur bloßen Ware, mithin für die Vernichtung von Völkern als wichtigster Ordnungsgarant auf unserem Planeten.
Lutz Dessau
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Erstellt am Montag, 10. April 2006