Rückzug! * Unbekanntes aus Doberan * oder ein Erfolg der außerparlamentarischen Opposition

Mittwoch, 25.01.2005: 15.00 Kreistagssitzung" sagt das Kalenderblatt bei den Abgeordneten des Landkreises Bad Doberan. - Schon eine Stunde vorher haben sich Kameraden unseres Kreisverbandes auf dem Kamp gegenüber dem klassizistischen Sitzungsgebäude eingefunden. Sie haben für heute eine Kundgebung gegen die vom Landkreis beabsichtigte Kürzung des Unterkunft-Geldes für ALG-II-Empfänger angezeigt. -

In diversen Ausschußberatungen Ende letzten Jahres hatten die Abgeordneten die sich verschlechternde Finanzlage erörtert - in der Haushaltssatzung 2006 klaffte noch ein tiefes Loch von über 4,3 Millionen Euro. Der Landrat selbst wußte von einer Konsultation bei der Landesregierung in Schwerin zu berichten, in der den Landräten mitgeteilt wurde, das Land Mecklenburg-Vorpommern werde ab 2006 jedes Jahr um 200 Millionen Euro abgeschmolzene Zuwendungen vom Bund und den anderen Ländern erhalten.

So entwickelten die eifrigen Amtsträger ein Fünf-Säulen-Modell: die Reduzierung der freiwilligen Aufgaben (derzeit 1,3 Millionen Euro) und die Erhöhung der Kreisumlage (auf fast 40%) sollten ergänzt werden durch eine Verminderung der Verwaltungsausgaben und das Eintreiben von Außenständen. Bei der fünften Säule dachten Kämmerer und Kreisräte an das Unterkunftsgeld der ALG-II-Empfänger. Dieses "Wohngeld" der Arbeitslosen kann durch eine Richtlinie des Kreistages für die ARGE bestimmt werden. Mit einem "Linksruck" in der Wohngeld-Tagelle des §8 Wohngeldgesetzes wollte man jeden Haushalt, neuerdings ja Bedarfsgemeinschaft genannt, monatlich 50 Euro weniger unterstützen. Das erspart dem Kreis 3 Millionen Euro - auf das Jahr gerechnet. Zwar wäre diese Summe für 2006 noch nicht zu erreichen, da die Bescheide bis zum Juli nach dem alten "Tarif" schon verschickt und bestandskräftig seien. Aber 2007 muß man sicher auch wieder sparen. - Was für ein Plan!

Die "geniale Idee" - die Armen zur staatstragende Säule für die Einsparungen im Kreise Bad Doberan zu machen - wollten die Kameraden des NPD-Kreisverbandes unterbinden.

Es geht uns nicht um Stimmungsmache aus mehr Eigennutz, sondern um eine politische Wertung dieser Vorgänge! Solange eine deutsche Regierung an Israel U-Boote für über 300 Millionen Euro verschenkt und an die EU freiwillig noch 2 Milliarden Euro erhöhte Zahlungen vornimmt, kann doch von Sparzwängen keine Rede sein!? Oder sollten die Gaben ans Ausland nur dadurch möglich werden, weil die Herrschenden sie vom eigenen Volke abpressen? Sind die Menschen in der Region nicht schon genug durch Arbeitslosigkeit und schleichende Verelendung geprägt? Wer soll denn hier in Mecklenburg und Pommern wohnen und leben, wenn er durch unsere inländerfeindlichen Regierungen in Bund und Land gezwungen wird wegzuziehen und die Heimat aufzugeben?

Also schrieben wir unsere Forderungen auf: "Rechts war Recht! Was Recht war muß auch Recht bleiben! Was Rechts ist muß auch Rechts bleiben!" Dem folgt ein Aufruf: "Heraus zum Protest! Bürger - laßt Euch das nicht gefallen! Wehrt Euch! Alle Etablierten - CDU, SPD, FDP, Grüne ... werden der Senkung des Unterkunft-Geldes zustimmen - auch die LINKSPARTEI.PDS!" Zugleich forderten wir die Bürger auf: "Kommen Sie! Zur nächsten Kreistagssitzung nach Bad Doberan" und verteilten die Informationen in alle Orte des Landkreises. -

Die unmittelbare Reaktion der Bürger war gering. Nur wenige zeigen sich bei dieser kalten Witterung am Informationstisch. Zur Unterstützung sind zwei Kameraden aus Ostvorpommern gekommen. Michael Andrejewski - selbst Kreisrat und Stadtverordneter an seinem Wohnsitz - ist sich nicht zu schade, seinen "Kollegen", den ankommenden Kreistagsmitgliedern, die Flugblätter zu offerieren (siehe Bild). Diese zucken zurück oder murmeln "Danke, kenne ich schon ...". Man ist informiert - und offenbar geschockt. Zwei Jugendliche bekunden mit einem Transparent, was sie von dem Vorhaben der Kreisverwaltung halten. Diese Szenerie veranlaßt den Landrat Leuchert zu einem persönlichen Einschreiten. Mehrfach fordert er den arglosen Andrejewski auf, die Straßenseite zu wechseln, denn die Kundgebung ist nur für den Kamp genehmigt. "Gemeingebrauch" heißt die regelmäßige Antwort des studierten Juristen, der seine Rechte kennt. Und in der Tat - hat der Landrat vor einer Kreistagssitzung nichts anderes zu tun, als drei bekennende NPD-Mitglieder zu verscheuchen? Sollte von diesen Menschen Gefahr für das System ausgehen?

Wir - die wir nicht einmal im Kreistag vertreten sind - bedanken uns jedenfalls für diese Art der Wertschätzung, eine Aufmerksamkeit, die die etablierten Parteien wohl bei einer gleichen Aktion nicht erwarten dürften. Gewiß - dies ist reine Spekulation, denn die gestandenen Streiter für soziale Gerechtigkeit kommen nicht einmal auf den Gedanken, sich für ihre Wähler derart einzusetzen.

Und aus der LINKSPARTEI.PDS - das haben auch die Ausschußberatungen gezeigt - ist bis in die kommunale Ebene eine Systempartei geworden, die genau das Gegenteil von dem tut, was sie in ihrem Programm fordert und was ihre Stammväter erkannten: Der Staat ist das Machtinstrument der ökonomisch herrschenden Klasse. Recht so, ihr Büttel transnationaler Konzerne! So wird Eure soziale Gerechtigkeit nie und nimmer das Licht der Welt erblicken und die Arbeitslosigkeit beerdigt werden! Dabei seid ihr Regierungspartei und ereifert Euch gegen die Radikalen - aus der Perspektive eines Stuben-Tigers!

Die Ostsee-Zeitung würdigt unsere Kundgebung mit keiner Zeile. Das ehemalig Zentral-Organ der Bezirksleitung Rostock der Sozialistischen Einheitspartei hat sich zu einem Hofberichterstatter gewandelt: Das Thema Kreis-Landesherr (Leuchert) - kreislicher Landadel (Kreisräte und Beamte / Angestellte) können diese Virtuosen zur Genüge auf ihrer Klaviatur spielen: "Landrat darf wieder über Reform reden", "Zweimal machten die Kreistagsmitglieder einen Rückzieher und hoben frühere Beschlüsse auf", "Gegen beide Beschlüsse hatte Leuchert seinerzeit Widerspruch eingelegt." "Zum einen einen >>Maulkorb-Beschluss<<, wonach Landrat Thomas Leuchert jegliche Äußerungen zur Verwaltungsreform mit dem Kreisausschuss beziehungsweise dem Kreistag abzustimmen habe", zweitens "die Festsetzung der Kreisumlage für das laufende Jahr in Höhe der des Vorjahres."

Natürlich spürt die OZ auch kleinste Regungen der Subalternen auf: "Lediglich beim Thema Schulentwicklungsplanung wurde das Gremium etwas munterer. Dezernent Wolfgang Kraatz konnte für die kreislichen Schulen nichts Neues berichten." Wie auch! Bei sinkenden Geburten und Landflucht bleibt nur den Rückzug als Erfolg zu krönen. A propos "Munterer". Die Abgeordneten hätten angesichts der "Paukenschläge" ihres PRÄSIDENTEN eigentlich gar nicht schläfrig sein dürfen: "Bad Doberan, Klaus Burzlaff hat den Vorsitz und sein Mandat im Jugendhilfeausschuss niedergelegt. Mit diesem Paukenschlag eröffnete Kreistagspräsident Lothar Panicke die gestrige Sitzung." - Was für eine Sensation!? Ist die OZ von Sinnen? Hat sie noch alle Sinne? Nicht alle - wie es scheint!

Bei der Änderung der Tagesordnung haben offenbar ihre Korrespondenten trotz "Paukenschlägen" geschlafen: "Tagungsordnungspunkt 7" wird ohne Kommentar ersatzlos gestrichen: "Richtlinie zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung und zur Gewährung von Pauschalen für einmalige Beihilfen für Leistungsempfänger nach SGB II und SGB XII im Landkreis Bad Doberan." Ist daran etwa die nicht im Kreistag vertretene NPD beteiligt? - Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!


Rückzug auf ganzer Linie! Unser Bemühen für die Bürger des Landkreises war nicht umsonst. Die Kürzung des Unterkunft-Geldes für die ALG-II-Empfänger ist also - vorerst - vom Tisch. Doch - Volksauge sei wachsam! Wir, die NPD des Landkreises Bad Doberan, werden auch künftig der wehrhaften Demokratie unsere Referenz erweisen!
zurück | drucken Erstellt am Montag, 30. Januar 2006