Der Verfassungsschutz MV und seine eigene Wahrheit

Wie aus dem Tollenseemarsch der Horst-Wessel-Gedenkmarsch wird

Fast schon traditionell zieht es einmal im Jahr am letzten Februarwochenende volkstreue junge Männer und auch Frauen an den Tollensesee bei Neubrandenburg. Der Weg ist ihr Ziel: Knapp 40 km gilt es bei Wind und Wetter zu bewältigen.

Von Anfang an auch mit dabei - der Staatsschutz. Zivil gekleidete Polizisten, die sich um politische Straftaten bzw. um Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten oder vermeintlich rechtswidrige Handlungen kümmern sollen, die von Personen mit nicht systemkonformer Weltanschauung begangen werden. Man könnte auch kurz sagen: Politisch Andersdenkende werden verfolgt.

Begründet wurde der alljährliche Aufriß, worunter regelmäßig auch Personalienfeststellungen fielen, mit so geistreichen Begründungen wie: "... für den Fall, daß heute Abend in dem Umkreis noch Körper verletzt werden, brauchen wir einen Ansprechpartner." Nun kosten Polizeieinsätze ja auch Geld, und zuweilen müssen nicht nur Kosten, sondern auch Existenz von politischer Polizei und Sondereinheiten gerechtfertigt werden. Wie so etwas geschieht, wird am Beispiel des Tollenseemarsches besonders deutlich.

Im Mai veröffentlichte das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern den Verfassungsschutzbericht für das vergangene Jahr. Unter den "rechtsextremistischen" Ereignissen ist auch ein sogenannter Horst-Wessel-Marsch aufgeführt - interessant und überraschend für Veranstalter wie auch Teilnehmer. Grund genug für den NPD-Landtagsabgeordneten Stefan Köster, einmal bei der Landesregierung nachzufragen, worauf sich denn die Behauptung stütze, daß der Marsch zu Ehren des Berliner SA-Führers Horst Wessel stattfinde.

Die lapidare Antwort: "Die Einschätzung, der genannte Marsch sei in Verbindung mit dem Todestag Horst Wessels zu sehen, beruht auf der Tatsache, daß es in den vergangenen Jahren bundesweit zu verschiedenen einschlägigen "Gedenkaktionen" der rechtsextremistischen Szene gekommen ist, die einen entsprechenden Bezug aufgewiesen haben. Im übrigen wird auf die Zuständigkeit der Parlamentarischen Kontrollkommission verwiesen."

Auf jenes Gremium also, aus dem die NPD-Fraktion im Schweriner Schloß durch eine beispiellose Verfassungsänderung herausgehalten wurde. Eine Kontrollkommission, in der lediglich erklärte Gegner von sogenannten "rechtsextremistischen Bestrebungen" sitzen. Und was "rechtsextrem" ist, bestimmen die Herrschaften offenbar selbst.

Ob es eine gängige Praxis des Verfassungsschutzes und anderer Behörden sei, Veranstaltungen Nationalgesinnter mit historischen Daten aus der NS-Geschichte in Verbindung zu bringen und diese Konstruktion dann der Öffentlichkeit zu präsentieren, wollte der Abgeordnete Köster weiter wissen. Dies bestätigte die Landesregierung etwas ausschweifender (Drucksache 5/674). Erwähnenswert sei jedoch in diesem Zusammenhang ein Artikel auf der Weltnetzseite des NPD-Kreisverbandes Freising, der u. a. auch die Wanderlust von Horst Wessel betone.

Oh, wie muß man gerudert haben, um solch fadenscheinige Begründungen zusammenzuschustern. Auf der Netzseite des KV Freising, vom Tollensesee immerhin fast 700 km entfernt, heißt es in dem betreffenden Beitrag lediglich beiläufig: "Auch Horst hatte zunächst Freude am Wandern, aber schon sehr frühzeitig ging er in der Politik auf."

Diese Geistesblitze aus dem Innenministerium bestätigen die Forderungen der NPD, die politische Sonderpolizei MAEX (steht für: "Mobile Aufklärungseinheit gegen Extremismus") abzuschaffen. Steuergeldverschwendung und Staatspropaganda gegen den politischen Gegner sind weder von der Verfassung noch vom Souverän, dem Volke, gedeckt.
zurück | drucken Erstellt am Freitag, 10. August 2007