Staatswerft? Warum eigentlich nicht?

Staatsbeteiligung an einem Schiffbaubetrieb? Davon will die Landesregierung partout nichts wissen. Sie verweist auf „ordnungspolitische Gründe“.

Mehr als 950 Millionen Euro an Zuschüssen steckten Land und Bund seit 1990 in die schwer angeschlagene Stralsunder Volkswerft. Das meldete jüngst die Ostsee-Zeitung. Etwas umwerfend Neues verkündete das einstige SED-Bezirksblatt damit allerdings nicht. Detaillierte Angaben können überdies in zwei kürzlich eingereichten Kleinen Anfragen der NPD-Fraktion nachgelesen werden (Drucksachen 6/2267 und 6/2385).

Vor dem Hintergrund der überaus reichlich geflossenen Steuergelder fragte der NPD-Abgeordnete Stefan Köster dabei auch nach der Haltung der Landesregierung zu einer Verstaatlichung, zumindest aber Beteiligung des Staates an dem Unternehmen. Das Land habe sich bislang „aus grundsätzlichen ordnungspolitischen Gründen“ nicht an den Schiffbauunternehmen beteiligt und werde dies auch künftig nicht tun, heißt es.

Landesregierung mit Phraseologie aus dem Lehrbuch

Auf die Frage, welche „ordnungspolitischen Gründe“ das Land denn geltend mache,  entgegnete das Wirtschaftsministerium: „Die Grundprinzipien von Privateigentum, individueller Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit sowie die Gewährleistung von Wettbewerbsfreiheit, Rechtssicherheit und sozialem Frieden durch eine staatliche Rahmenordnung sind aus Sicht der Landesregierung notwendige Voraussetzungen für eine erfolgreiche soziale Marktwirtschaft.“

Aus welchem Sozialkunde- oder sonstigem Lehrbuch die Landesregierung hier abgeschrieben hat, läßt sie natürlich offen. Mit anderen Worten soll also aus einem möglichst freien Spiel der Kräfte eine allgemeine Harmonisierung herbeigeführt werden – „die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, heißt es schon in Goethes „Faust“.

Fincantieri: ein florierendes staatliches Unternehmen

Im übrigen schließen sich „soziale Marktwirtschaft“ und Staatsbetriebe bzw. - beteiligungen nicht unbedingt aus. Wer staatliche Regulierungen fordert, verhält sich zudem noch nicht einmal grundgesetzwidrig. Im GG steht nirgends geschrieben, daß die Wirtschaft nun staatlich gelenkt, rein privatwirtschaftlich organisiert oder aus einem „Mix“ zu bestehen hat.

Wer die Politiker der Alt-Parteien beim Wort nimmt, sich also ein wenig „weltoffen“ zeigt, wird auf durchaus interessante Ergebnisse stoßen. BeispielFincantieri: 1959 als staatliche Holding gegründet, hat sich das in Trieste ansässige Werk mittlerweile zu einem weltweit anerkannten Unternehmen für den Bau hochwertiger Kreuzfahrtschiffe entwickelt. In der Rüstungsbranche mischt Fincantieri ebenfalls mit. Derzeitiger Eigner ist das Finanzunternehmen Fintecna, das zu 100 Prozent von der Cassa Depositi e Prestiti (CDP) kontrolliert wird. CDP, ein Kreditinstitut, finanziert in der Hauptsache Vorhaben von öffentlichem Interesse und befindet sich zu 70 Prozent im Besitz des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft.

Roms Kampf gegen den Ausverkauf

Gewiß wird Rom auf Druck der EU-Kommission wohl nun mehrere staatliche Unternehmens-Beteiligungen veräußern, so auch 40 Prozent der Anteile an Fincantieri, wie die Neue Zürcher Zeitung berichtete (NZZ, 23.11.2013).  Andererseits werden die Italiener einen Teufel tun, ihre Filetstücke in vollem Umfang Privatleuten zu überlassen. Im August 2012 unterbreitete der damalige Ministerpräsident Mario Monti, von Beruf Wirtschafts-Wissenschaftler, dem Kabinett einen Vorschlag zum Schutz strategisch bedeutsamer Unternehmen, darunter natürlich auch Fincantieri. Der Hintergrund: Im Gefolge der Schuldenkrise droht Italien eine Übernahmewelle.

Staatliche Beteiligungen auch in Frankreich und Spanien

DCNS („Direction des Constructions Navales, Systemes et Services”) ist die halbstaatliche Marinewerft Frankreichs, an der die Thales Group 25 Prozent der Anteile hält. Das spanische Rüstungsunternehmen Navantia mit Schwerpunkt Schiffbau gehört zu 100 Prozent der staatlichen Holding SEPI.

Natürlich ist eine reine Staatswirtschaft kein taugliches Mittel, um die Probleme eines Landes zu lösen bzw. die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Erinnert sei hierbei an die leidvollen Erfahrungen in der DDR, als nicht zuletzt infolge der weitgehenden Abtötung privater Initiative ein Mangel an den 1000 kleinen Dingen des täglichen Lebens hervorgerufen wurde.

Echte Einflußmöglichkeit auf Schlüssel-Industrien schaffen!

Ohne den Gründer- und Unternehmergeist vieler im positiven Sinne Verrückter wären nach 1989/90 Arbeitslosigkeit und vor allem Abwanderung vermutlich noch stärker ausgefallen. Kleinen, beweglichen Strukturen auf privatunternehmerischer Basis ist überdies grundsätzlich der Vorzug zu geben.

Das betrifft natürlich auch die Zulieferer der Schiffbaubetriebe, die, eine gute Verzahnung mit der universitären Forschung vorausgesetzt, ihr Potential vervielfachen können. Geht es aber um Schlüsselindustrien, muß der Staat auch ein tatsächliches Mitspracherecht haben – durch Anteile an den jeweiligen Unternehmen. Beim jetzigen Stand werden hunderte Millionen in die Werften gepumpt, ohne daß die Politik über echte Einflußmöglichkeiten verfügt.

Gerade auf wirtschaftlichem Gebiet ist Schwarz-Malerei auf gar keinen Fall angebracht. Es gibt auch eine Reihe von Grautönen.
Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Freitag, 17. Januar 2014